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Digitale Stadtentwicklung Mönchengladbach

Digitale Stadtentwicklung im Fokus: Der Nordpark als Reallabor für smarte Lösungen

Digitale Stadtentwicklung Mönchengladbach
Sensorwalk mit IoT-Manager Marcel Heynckes im Nordpark bei der Regionalkonferenz Möncheng-ladbach 2025. Quelle: DLR

Digitale Stadtentwicklung im Fokus: Der Nordpark als Reallabor für smarte Lösungen

Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet Kommunen neue Möglichkeiten, um den urbanen Raum effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Im Rahmen ihres Smart-City-Projekts setzt die Stadt Mönchengladbach moderne Sensorik und Datenanalysen zur smarten Mobilitätssteuerung und Gewerbegebietsentwicklung imNordpark“ ein, einer nachgenutzte militärischen Konversionsfläche im Stadtgebiet. Durch verschiedene technische Maßnahmen soll eine umfassende Datengrundlage entstehen, die es ermöglicht, Infrastrukturen und Prozesse bedarfsgerecht zu optimieren, Umweltbelastungen zu reduzieren und die Lebens- und Arbeitsqualität im Gebiet zu verbessern.

Christian Hornscheidt und Merle Stein, zuständig für die Urbane Datenplattform und die Datenanalyse bei der Stadt Mönchengladbach erzählen uns im Interview etwas über die moderne Datenerfassung im Nordpark, Herausforderungen auf dem Weg und die weiteren Planungen.

Die Stadt Mönchengladbach setzt im Nordpark auf moderne Datenerfassung. Wie kam es dazu und was prädestiniert den Nordpark für ein solches Projekt?

Als eines der wichtigsten Gewerbegebiete Mönchengladbachs beherbergt der Nordpark nicht nur zahlreiche Bürogebäude, sondern auch ein großes Multifunktionsstadion, die REDBOX als mittelgroße Eventlocation und den Hockeypark. Hier finden regelmäßig kleine und große Veranstaltungen wie Comedy-Formate, Großkonzerte oder Fußball- und Hockeyspiele statt. Die direkte Lage zwischen zwei Autobahnkreuzen ist besonders kennzeichnend für den Nordpark. Aus Perspektive der Stadtentwicklung bedeutet dies im Umkehrschluss: Regelmäßige, große Menschenmassen und unterschiedliche Zielgruppen, die sich mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Zielen in diesem Gebiet bewegen und die Infrastruktur des Gewerbegebietes insbesondere zu den sich überlagernden Spitzenzeiten stark belasten. Aus stadtentwicklungspolitischer Sicht ist eine nachhaltige Entwicklung dieses Gebietes von hoher Bedeutung. Im Rahmen des Smart-City-Förderprogramms wird der Nordpark aufgrund seiner Komplexität und der oben genannten vielfältigen Herausforderungen für die Stadtentwicklung als „Stadt in der Stadt“ betrachtet und als Reallabor für die Erprobung und Umsetzung intelligenter, automatisierter Prozesse genutzt.

Unter dem Motto „Einfach machen!“ startete das Projektgebiet Nordpark in die Praxisphase. Nach anfänglicher Planung zur Auswahl geeigneter Sensoren und deren Standorte hat der Kollege Marcel Heynckes, IoT-Manager, zügig erste Sensoren beschafft und verbaut. Auch die städtische Parken-Gesellschaft war von Beginn an eng in die Umsetzung eingebunden.

Welche technologischen Lösungen kommen dabei zum Einsatz und wie werden die erfassten Daten verarbeitet und genutzt?

Der Großteil der Sensorik läuft über das bereits stadtweit ausgebaute LoRaWAN-Netz. Hier fließen die Daten der einzelnen Sensoren über Gateways zum LoRaWAN-Netzwerkserver. Von da aus greifen wir die Sensordaten über eine Schnittstelle ab und speichern sie in unserer Urbanen Datenplattform (UDP). Auch die Daten von nicht LoRaWAN basierten Sensoren fließen über Schnittstellen und individuell entwickelten Konnektoren in die UDP. Mit Hilfe des Open Source Datenvisualisierungstool Grafana lassen sich die Daten veranschaulichen und unterschiedlichen Personengruppen zur Verfügung stellen. Aus Grafana heraus können auch automatisierte Meldungen (Alerts) generiert werden, die z.B. Grenzwertüberschreitungen von Messwerten erkennen und per E-Mail melden.

Auf welche Herausforderungen seid ihr im Laufe des Projektes gestoßen und wie habt ihr diese gelöst?

Zu Beginn des Projektes führte die massive Datenflut bei der ersten Großveranstaltung zu einem lahmlegen der damaligen UDP. Es waren einfach zu viele Schreib- und Lesevorgänge für die damals eingesetzte Technologie. Das war Grund genug, auf eine leistungsfähigere UDP-Lösung umzusteigen. Seit der Umstellung läuft das System stabil – selbst bei einer stetig wachsender Sensoranzahl und zunehmenden Datenmengen sind keine Performanceprobleme mehr aufgetreten.

Bei den eingesetzten Sensoren kommt es leider immer wieder zu technischen Störungen oder Totalausfällen. Besonders die in den Asphalt eingelassenen Sensoren zur Messung des Verkehrsflusses sind hohen Belastungen ausgesetzt, durch mechanische Beanspruchung und Witterungseinflüsse. Kürzlich wurde die Fahrbahn an einer der Kreuzungen abgefräst und neu asphaltiert. Leider sind dabei auch einige Sensoren verschwunden. Grundsätzlich sind die Sensorhersteller sehr hilfsbereit, wenn es um die Fehlersuche oder den Austausch defekter Sensoren geht. Wenn viele Sensoren installiert sind, ist es außerdem schwierig, die defekten zu identifizieren. Entsprechende Monitoringsysteme sollen zeitnah entwickelt werden, damit in Zukunft Störung schnell erkannt und gegebenenfalls repariert oder ausgetauscht werden können.

Die unterschiedlichen Interessen der Stakeholder führen zu unterschiedlichen Anforderungen an die Bereitstellung von Daten bzw. Informationen. Aktuell liegt der Fokus der Datenanalysen auf dem Fachbereich Verkehr, sowie der städtischen Parken-Gesellschaft, die gemeinsam mit Borussia Mönchengladbach für die Bewirtschaftung der Event-Parkplätze im Nordpark zuständig ist. 

Sensor, Quelle: DLR
Überfahrt-Sensor zur Verkehrszählung, gebraucht und beschädigt (vorne) und neu (hinten). Quelle: DLR

Inwiefern und über welche Kanäle profitieren Bürger*innen und ansässige Unternehmen von den erhobenen Daten?

Idealerweise profitieren Bürger*innen sowie ansässige Unternehmen unmittelbar und weitgehend unsichtbar im Alltag – etwa durch eine intelligent gesteuerte Mobilität im Nordpark. So wird die teils angespannte Verkehrssituation spürbar verbessert, ohne dass die dahinterliegenden datenbasierten Prozesse wahrgenommen werden. Die Vorteile zeigen sich zum Beispiel in einer bedarfsgerechten Ampelsteuerung oder einer smarten Be- und Entleerung der Parkflächen bei Großveranstaltungen.

Darüber hinaus ermöglichen die geplanten und teilweise bereits umsetzten Dashboards es zusätzlich die Daten zu erkunden und individuelle Schlüsse zu ziehen. Langfristig könnten ansässige Unternehmen die erhobenen Daten gezielt nutzen – etwa zur Planung von Events, zur Optimierung betrieblicher Abläufe oder zur Entwicklung datenbasierter Dienstleistungen. Auch im Rahmen der Gewerbegebietsentwicklung bieten die Daten wertvolle Grundlagen, zum Beispiel für die Standortwahl neuer Betriebe oder die gezielte Ansiedlung passender Branchen. In Zukunft könnten Informationen zu Verkehrsstörungen oder hohem Verkehrsaufkommen automatisiert und bedarfsgerecht über Kanäle wie eine Stadt App oder E-Mail bereitgestellt werden.

Gibt es bereits erste Erkenntnisse oder Anpassungen aufgrund der Messungen?

Das Projekt befindet sich derzeit noch in einer frühen Phase, sodass noch keine abschließenden Aussagen getroffen werden können. Es gibt jedoch erste prototypische Anwendungsfälle: So werden bei Großveranstaltungen bereits automatisierte Nachrichten zur aktuellen Parkplatzauslastung an die städtische Parken-Gesellschaft übermittelt. So kann beispielsweise der näher am Stadion gelegene VIP-Parkplatz kurz vor Spielbeginn gezielt für alle Besucher*innen freigegeben werden – damit diese rechtzeitig und reibungslos zum Anpfiff ankommen. Perspektivisch sollen solche Informationen dazu beitragen, die Parkraumnutzung effizienter zu gestalten und die Ein- und Ausfahrtsituation gezielt zu optimieren.

Derzeit sammeln wir wertvolle Erfahrungen im Umgang mit den verschiedenen Sensortypen, deren Standortwahl sowie der Anbindung und Auswertung der Messdaten innerhalb der UDP. Diese Erkenntnisse fließen kontinuierlich in die Weiterentwicklung des Systems ein.

Welche langfristigen Ziele verfolgt ihr mit dem Projekt und was sind die nächsten Schritte?

Ein zentrales Ziel ist die nachhaltige Verbesserung der Verkehrssituation im Nordpark – durch eine datenbasierte, bedarfsgerechte Steuerung, die den unterschiedlichen Zielgruppen passgenaue Lösungen mit möglichst großem Mehrwert bietet. Darüber hinaus soll eine belastbare und kontinuierlich wachsende Datenbasis geschaffen werden, um datengetriebene Entscheidungen, Analysen und Berichte zu ermöglichen. Grundsätzlich streben wir skalierbare Anwendungsfälle an – also Lösungen, die sich über den Nordpark hinaus auf andere Stadtgebiete übertragen lassen. Frei nach dem Motto: „Was im Nordpark funktioniert, funktioniert auch anderswo in der Stadt.“ Als nächste Schritte stehen die Einbindung weiterer Stakeholder zur Weiterentwicklung der bestehenden Dashboards sowie die Erstellung neuer, bedarfsgerechter Visualisierungen im Fokus. Zudem sollen zusätzliche Datenquellen – wie der Verkehrsrechner der Stadt Mönchengladbach – angebunden werden, um die Datenbasis weiter auszubauen. Ergänzend ist der Aufbau eines zentralen Sensor-Registers samt Monitoring geplant, um die verbaute Sensorik systematisch zu erfassen und deren Zustand effizient überwachen zu können.